
55 vom Blattfall IV-1407
Nachdem ich aufgestanden bin und wir noch mal alle gemeinsam gefrühstückt haben, brachen wir heute Morgen auf. Maja hatte uns viele Sachen zusammengepackt. Da waren Decken, essen und trinken. Wir alle hatten Rucksäcke auf. So standen wir vor ihrer Tür. Maja hatte Tränen in den Augen. Ich glaube, sie wollte uns nicht gehen lassen. Sie sagte immer wieder, dass wir gern über den Winter bleiben könnten, doch Papa und auch Niven sagten, dass es so besser sei.
Asiel aber rannte zu ihr, umklammerte ihr Bein. »Ich will nicht weg! Ich will hierbleiben«, jammerte er. Er tat mir leid. Mama versuchte, ihn wegzuziehen, sie schaffte es aber nicht. Maja beugte sich zu ihm herunter, sie sah ihn mit ihren traurigen Augen an und sagte in unserer Sprache: »Schau kleiner, da findest du Neues zu Hause, Freunde und neue Heimat. Wird bestimmt dort gut gehen.«
»Ich will aber nicht nach da draußen«, sagte er. »Es ist kalt und ich will nicht wieder auf den harten Boden schlafen oder Insekten essen. Dein Essen ist viel schöner«, winselte Asiel.
Maja nahm ihn in den Arm, während sie Mama zunickte. »Musst du auch nicht mehr. Eltern möchten mit dir neues Zuhause finden. Bin sicher, ihr das noch vor dem Winter finden werdet.« Sie nickte uns zu und lächelte uns alle an. Asiel ließ sie los. Mama hielt ihm die Hand hin und er griff nach ihr. Langsam gingen wir den Weg entlang. Ein letztes Mal sahen wir zu Maja und winkten ihr zu. »Werde besuchen«, rief sie zu uns. »Passt auf.«
Ich war traurig, Maja einfach so verlassen zu müssen. Ich hoffe, dass wir sie eines Tages wiedersehen, wenn wir ein gemütliches Zuhause gefunden haben, wo es warm ist und wir immer, was zu essen haben.
Es wurde immer kälter. Wir hatten zwar dicke Sachen an, aber ich spürte trotzdem die kalte Luft auf meinen Wangen. Wir liefen den Weg nach Westen. Hinter uns schien die Sonne. Sie begleitete uns ein stückweit. Papa und Niven hatten bei Maja den Weg ausgesucht. Sie hatten alte Karten studiert. Papa hatte sie, während er krank war, abgezeichnet und den richtigen Weg markiert. Papa wollte gern bis zum Wintereinbruch in Sevendal sein. Einem sehr großen Reich. Dazu mussten wir aber über ein hohes Gebirge. Eine Höhle führt wohl drunter durch, doch mögen die Zwerge keine Fremden. Er sagte auch etwas von einem Fluss und den Schwarzen Hügeln, die wir überqueren müssen. Mehr habe ich nicht verstanden. Er hoffte, dass wir uns in Schwarzenborn ausruhen können. Er erklärte mir, dass Schwarzenborn im Königreich Nelandra liegt. Dort sollten wir sicher sein. Doch bis dahin werden wir noch einige Tage unterwegs sein.
Wir liefen den ganzen Tag. Papa erzählte, dass vor uns ein kleines Dorf liegt, in dem wir uns ausruhen können. Maja gab uns Geld mit, um uns etwas zu essen zu kaufen und in Tavernen übernachten zu können. Gegen Abend, kurz vor Sonnenuntergang kamen wir dort an. Die Menschen schauten uns komisch an. Asiel klammerte sich an Mama. Er traute sich nichts zu sagen. So gingen wir durch das Dorf. An einem Haus wackelte ein Schild hin und her. Zum trunkenen Ochsen, stand auf dem Schild. Papa zeigte dorthin. »Dort werden wir rasten.«
Der Wirt und seine Frau waren freundlich. Wir haben etwas gegessen. Papa und Niven tranken Bier. Ich glaube, Niven war froh, dass er mit uns gehen konnte. Er erzählte uns auf dem Weg seine Geschichte. Er kam von einem Dorf namens Keilbach. Sie wurden, genauso wie wir auch, überfallen. Er weinte, als er erzählte, wie seine Frau und seine Tochter ums Leben kamen. Er schämte sich, dass er ihnen nicht geholfen hatte. Doch Mama und Papa sagten, es sei Krieg und vielleicht ist es sein Schicksal, dass er weiterlebte. Er erzählte uns, wie er zu diesem Fettsack kam. Roland hieß der wohl. Niven war von der Reise geschafft. Er hatte keine Kraft mehr, irgendetwas zu tun. Also wollte er sich von den Strapazen erholen. Der Mann bot ihm an, dass er sich bei ihm ausruhen könnte. Dann hat er ihn gefangen genommen und in diesen Käfig gesteckt. Er erzählte uns, dass die Menschen ihn beschimpften, anspuckten und faule Eier auf ihn warfen. Er wusste nicht warum. Wir alle wussten nicht, warum. Ich war froh, dass uns das nicht passiert ist. Auch, wenn ich dort auch gefangen war. Maja und Papa haben uns gerettet.
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